Zentrum Zirkuläres Bauen Interview
- Datum
- 2. September 2025

Mit Idealismus und Herzblut bei der Sache
Seit Februar besteht in Triesen das Zentrum für Zirkuläres Bauen (ZZB). Obwohl sich in den ersten Monaten schon viel getan hat, steht für das Team des ZZB auch weiterhin noch viel Arbeit an. Die ZirkuLIE-Mitarbeiter Simon Egger und Maximilian Strampella blicken zurück und nach vorn.
Herr Egger, Herr Strampella, was ist das Zentrum für Zirkuläres Bauen in Triesen?
SIMON EGGER: Unser Zentrum ist eine Plattform für den Verkauf und die Vermittlung von gebrauchten Bauteilen und Materialien. Gleichzeitig führen wir aber auch einige neue Artikel, wie beispielsweise Restposten aus Lagerbeständen.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Bei uns finden Interessierte unter anderem Leuchtmittel, Armaturen, Waschbecken, Toiletten, Tische und Stühle. Aber auch Böden, Fenster, Wandverkleidungen und viele weitere Teile.
SIMON EGGER: Unser Ziel ist, das zirkuläre Bauen in Liechtenstein zu fördern und das Bewusstsein für die Möglichkeiten zu schärfen.
Wie kommen Sie zu den Teilen?
SIMON EGGER: Im Idealfall informieren uns die Bauherren über Umbauten oder Abbrüche. Nach einer Besichtigung geben wir eine Empfehlung zur Wiederverwendung von Materialien. Interessante Teile bauen wir selbst aus, andere Artikel inserieren wir online und versuchen direkt Abnehmer zu finden. Dafür sind wir aber darauf angewiesen, dass Eigentümer, Bauherren, Architekten, Planer und auch Handwerker unser Konzept kennen uns deshalb entscheidend.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Zusätzlich erhalten wir auch ausgebaute Produkte als Spenden.
Seit Kurzem gibt es auch einen Onlineshop, in dem sich Interessierte über das Angebot informieren können.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Genau. Wir haben schon seit dem Beginn unsere Bauteile digital erfasst, um einen besseren Überblick zu haben. Nun nutzen wir die Daten auch für den Onlineshop.
SIMON EGGER: Kunden haben die Möglichkeit, Produkte zu suchen, diese zu reservieren oder direkt zu kaufen. Neben aktuellen Bildern sind auch die Masse und weitere Informationen zu jedem Bauteil erfasst. Dieser Onlineshop ist für uns auch ein wichtiges Mittel zur Direktvermittlung von noch verbauten Bauteilen. Unsere Lagerfläche hier ist begrenzt und wenn wir von einer Baustelle aus Produkte erfassen und ohne Lagerung direkt vermitteln können, erheben wir nur eine Provisionsgebühr und der Grossteil des Erlöses bleibt bei den Eigentümern.
Dennoch klingt das nach viel Arbeit für Sie, das Inventarisieren, die Besuche auf Baustellen und dann noch die Arbeit hier vor Ort. Wie bewältigen Sie das?
SIMON EGGER: Unterstützt werden wir von fünf studentischen Mitarbeitern, die bei uns mitarbeiten und Erfahrungen im Umgang mit zirkulärem Bauen sammeln. Gemeinsam können wir Wissen und Erfahrung im Umgang mit zirkulärem Bauen auf- und ausbauen.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Wir fünf sind Architekturstudenten an der Universität Liechtenstein und wir schätzen die Einblicke, die wir hier im Zentrum und bei der Arbeit erhalten. Es ist ein moderner und nachhaltiger Ansatz, der in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen wird.
SIMON EGGER: Gemeinsam können wir das Zentrum dynamisch weiterentwickeln. Zusätzlich haben wir Praktikanten, die uns temporär unterstützen und, was für uns besonders wichtig ist, den Verein für betreutes Wohnen als Partner. Der Verein ist besonders in den Transport und den Abbau von Bauteilen involviert und leistet dabei eine grossartige Arbeit.
Gab es in den vergangenen Monaten besondere Funde, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?
SIMON EGGER: Vor dem Sommer durften wir acht grosse Luster vom Vaduzer Saal abholen und bieten sie nun hier an. Jeder wiegt rund 40 Kilogramm und ist mit LED-Glühbirnen ausgestattet - ein Unikat.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Besonders war auch eine kleine Serie von Biberschwanz- Ziegeln aus Glas, die als Oberlicht dienten. Zudem haben wir derzeit ein hochwertiges Eichenparkett aus Vollholz im Angebot – heute selten und teuer. Die rund 30 m2 wären ausreichend, um einen Raum zu verschönern, gleichzeitig bieten sich die Dielen aber auch für Upcycling an: Sie können beispielsweise als Tablett umgenutzt werden.
Welche Bauteile sind aktuell besonders gefragt?
SIMON EGGER: Schöne Lampen sind immer ein Thema und gehen bei uns schnell weg. Oftmals kommen Menschen zu uns und stöbern durch die Auswahl und finden genau das, was sie sonst nirgends gefunden haben. Etwas Nostalgie gehört da auch dazu.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Im Grunde sind viele unterschiedliche Teile gefragt, je kleiner sie sind, desto besser laufen sie. Dabei wären vor allem grössere Bauteile im Sinne der Nachhaltigkeit besonders gut. Aber diese zu vermitteln ist oftmals nicht so einfach.
Welche Herausforderung gibt es beim zirkulären Bauen in der Praxis?
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Das Bauen mit gebrauchten Bauteilen ist noch nicht so bekannt, weshalb viele diese Möglichkeit noch nicht in Betracht ziehen.
SIMON EGGER: Wir müssen unseren Bekanntheitsgrad weiter steigern, Abläufe optimieren und Schritt für Schritt wachsen. Im Moment treiben uns Idealismus und Herzblut an, langfristig wollen wir aber auch ein wirtschaftlich tragfähiges Modell etablieren. Wichtig ist, dass die Vorteile des zirkulären Bauens – sowohl in Bezug auf Nachhaltigkeit als auch auf die Kosten – in der Breite noch bekannter werden. Denn Bauherren können damit spürbar Ressourcen sparen.
Wie sind die Reaktionen auf das Zentrum?
SIMON EGGER: Viele Handwerker erzählen uns, dass sie schon lange bewusst Materialien lagern und Restposten sammeln, damit sie nicht im Müll landen. Mit diesem Zentrum haben sie nun eine Möglichkeit, diese einer breiten Gruppe anzubieten, sie reagieren natürlich sehr positiv auf uns. Natürlich gibt es auch Stimmen, die den Markt für neue Produkte im Blick haben und unser Angebot zunächst skeptisch sehen. Unsere Intention ist jedoch nicht, Konkurrenz zu schaffen, sondern ein ergänzendes Angebot bereitzustellen – für alle, die offen für die Chancen des zirkulären Bauens sind.
MAXIMILIAN STRAMPELLA: Im Grunde ist es eine Einstellungsfrage, es kommt auf die Unternehmensphilosophie an. Der Mehrwert durch unsere Arbeit kann nicht abgestritten werden und als Alternative ist unser Angebot wichtig und richtig für die Branche und für die Zukunft von uns allen.
INTERVIEW: ANDREAS LATERNSER
BILD: NILS VOLLMAR
