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Mit vereinten Kräften in Richtung Bauwende

Datum
4. November 2025

«Mit vereinten Kräften in Richtung Bauwende»

Unter dem Titel „Finance meets Real Estate“ luden der Liechtensteinische Bankenverband, Swiss Sustainable Finance und ZirkuLIE zum ersten Mal Anfang November Vertreter:innen der Finanzwelt und der Baubranche nach Triesen ein. Das Ziel: sich über Chancen, Herausforderungen und Synergien auszutauschen, die auf dem Weg zu einer Wende in Richtung nachhaltiges und zirkuläres Bauen liegen.

Das Zentrum für Zirkuläres Bauen (ZZB) bot bot einmal mehr den idealen Rahmen für eine Veranstaltung dieser Art: Zwischen aus Rückbauten stammenden Fenstern, Waschbecken und Beleuchtungskörpern waren im grossen Eingangsbereich diesmal auch bunt gemixt Holz-, Kunststoff- und Metallstühle aus dem angeschlossenen Bauteillager in Reihen aufgestellt, um Sitzgelegenheiten für die Teilnehmer:innen zu bieten.

Moderator Peter Beck unterstrich gleich zu Beginn mit aussagekräftigen Zahlen die Verbindung zwischen Bauwirtschaft und Finanzwelt: Gemäss des Amtes für Statistik wurden in Liechtenstein zwischen 2015 und 2024 ein Neubauvolumen von insgesamt 5,2 Millionen m3 sowie 820‘000 m3 für Veränderungsbauten bewilligt und im selben Zeitraum annähernd 4 Milliarden CHF in Neubauprojekte sowie über 800 Millionen CHF für Veränderungsobjekte investiert. Zahlen, die die Sinnhaftigkeit des heutigen Events nur noch unterstrichen.

Projektleiterin Clarissa Rhomberg stellte kurz ZirkuLIE vor und begrüsste danach Simon Tribelhorn vom Liechtensteinischen Bankenverband sowie Katja Brunner von Swiss Sustainable Finance (SSF). Beide betonten die Bedeutung von Plattformen wie ZirkuLIE für den Dialog zwischen Finanz- und Bauwirtschaft.

Konkrete Einblicke über den Stellenwert der Nachhaltigkeit im Finanzierungsgeschäft gab anschliessend Hendrik Kimmerle von SSF.  Er unterstrich in seinem Vortrag eindrücklich, dass von nachhaltigen Bauprojekten letztlich sowohl Banken als auch Kund:innen profitieren würden. Neben den positiven Klimaeffekten hob er auch den besseren Werteerhalt und das höhere Renditepotenzial nachhaltiger Immobilien hervor. Weiters stellte er bereits existierende Beispiele für nachhaltige Finanzierungsansätze vor. So gibt es bei der Alternativen Bank Schweiz klare Ausschlusskriterien, wenn eine Liegenschaft etwa zur Zersiedelung beitragen würde oder als reines Feriendomizil oder Luxusobjekt geplant ist. Aus Liechtenstein selbst stammen auch zwei interessante Finanzierungsmodelle, die auf Nachhaltigkeit abzielen: Die LGT bietet ihren Kund:innen eine Umwelthypothek mit einem Bonus von bis zu 10‘000 CHF an. Und in Kooperation mit dem Land Liechtenstein hat die LLB kürzlich eine zinsfreie Energiehypothek in ihr Portfolio aufgenommen, die für energetische Sanierungen bestehender Gebäude vorgesehen ist.

Die Keynote der Veranstaltung hielt Christine Lemaitre, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Zunächst stellte sie kurz die Arbeitsfelder der 2007 gegründeten Non-Profit-Organisation vor, bei der sie seit 2009 tätig ist und die sich zu Europas grösstem Netzwerk für nachhaltiges Bauen entwickelt hat: Mittlerweile verfügt die DGNB über rund 2‘800 Mitgliedsorganisationen, ist in mehr als 30 Ländern tätig und konnte als zentrale Wissensplattform bereits rund 11‘000 Expert:innen aus- oder weiterbilden.

In ihrem Vortrag hob Christine Lemaitre hervor, dass die Bauwende hin zu einem nachhaltigen und zirkulären Bauen den Schlüssel für einen effektiven Klimaschutz darstellt. Die dafür notwendigen Technologien, so Lemaitre, gäbe es längst. Eine wirkliche Transformation des sehr komplexen und vielschichtigen Systems mit all den unterschiedlichen Akteur:innen und auch Ansätzen würde allerdings nur dann funktionieren, wenn sämtliche daran Beteiligten grundlegender und auch mutiger als bisher denken und handeln würden. „Wir betreiben heute oftmals nur reine Symptombehandlung oder verlieren uns in Detailbereichen. Es braucht also einen echten Perspektivenwechsel“, forderte Christine Lemaitre eindringlich.

In diesem Zusammenhang sprach sich die DGNB-Geschäftsführerin auch für mehr Kostenwahrheit aus. Ein nach nachhaltigen Prinzipien errichtetes Gebäude würde nämlich hochgerechnet aufgrund seines in Folge geringeren Energieverbrauchs nur unwesentlich teurer sein als ein herkömmlicher Bau. Zusätzlich kämen noch positive Effekte wie weniger Wasserverbrauch und eine deutlich geringere CO2-Bilanz hinzu.

In Richtung Finanzwelt hat die DGNB aktuell die Initiative „Sustainable Finance im Bauen“ mit mehreren Finanzinstituten gestartet. Ziel dieser Bottom-up, also von der Praxisebene ausgehenden Initiative ist es, dass die Banken Nachhaltigkeitskriterien in ihre Finanzierungsentscheidungen einbeziehen. Gemeinsam will man dafür unter anderem einen Überblick über alle bereits vorhandenen Tools und Lösungen sowie die regulatorischen Anforderungen entlang der Wertschöpfungskette schaffen. Ausserdem ist geplant, die Abfrage von gebäudebezogenen Nachhaltigkeitsdaten zu vereinheitlichen. Ergänzend dazu sollen anschauliche „Best Practice“-Beispiele bessere und einfachere Einblicke in bereits erfolgreiche Verfahren, Methoden oder auch Techniken ermöglichen.

Nach der eindrücklichen Keynote bat Moderator Peter Beck noch fünf anwesende Expert:innen zu einem Panelgespräch. Christoph Frommelt von der Frommelt Holzbau AG plädierte dabei für ein offenes Hinterfragen bisheriger Systeme und Handlungsweisen und warnte gleichzeitig vor zu vielen Vorschriften und Regulatorien: „Wir müssen es Menschen eher erleichtern, nachhaltig und zirkulär zu bauen.“ Ausserdem hoffe er – auch von Seiten der Banken –, dass man noch mehr als bisher in echte Leuchtturmprojekte mit Signalwirkung finanzieren würde.

Gernot Schubert, Mitglied der Kerngruppe von ZirkuLIE und Nachhaltigkeitsmanager bei der Hilti AG, schilderte, wie wichtig es ist, den Fokus weg von den reinen Investitionskosten hin zu den Lebenszykluskosten eines Gebäudes zu richten. „Letztlich braucht es aber für ein zirkuläres und nachhaltiges Bauen vor allem mutige Bauherren“, gab sich Gernot Schubert überzeugt.

Einblicke in den Beratungsalltag bei Banken gab am Panel Konstantin Lübbe, der bei der LLB für Entwicklung und Nachhaltigkeit zuständig ist. Laut ihm wären Nachhaltigkeit und Zirkularität zwar mittlerweile ein Thema, spielten aber bei Finanzierungsgesprächen noch eine eher untergeordnete Rolle. Bankberater:innen könnten in Zukunft ihre Kund:innen für diese Themen sicher noch stärker sensibilisieren und auch entsprechende Argumente liefern, allerdings bräuchte es dafür klare Standards und Zertifikationen, an denen man sich als Bank besser orientieren könne.

Ähnlich argumentierte auch Andreas Hueber als Leiter des Kreditwesens bei der LGT: Banken und deren Mitarbeiter:innen können seiner Meinung nach ja gar nicht über das nötige Fachwissen verfügen, sondern bräuchten eher klar festgelegte Kriterien und Standards. Aus den Vorträgen der Veranstaltung nahm er unter anderem eines konkret mit: „Man sollte Kund:innen durchaus kommunizieren, dass sich nachhaltiges Bauen letztlich auch rechnet.“ Für den Finanzexperten sei es gerade deshalb wichtig, mehr als bisher mit entsprechenden „Best Practice“-Beispielen den Beweis dafür zu erbringen und damit verstärkt an die Öffentlichkeit zu gehen.

Seema Issar von der DGNB, die in der Initiative „Sustainable Finance im Bauen“ engagiert ist, schilderte am Panel dann noch ihre bisher gemachten Erfahrungen: „Das Interesse der Banken an nachhaltigem und zirkulärem Bauen ist eindeutig vorhanden, aber noch weiss man dort einfach zu wenig darüber.“ Für sie brauche es daher mehr Dialog und Austausch über diese Themen, um positive Entwicklungen weiterhin voranzutreiben.

Beim abschliessenden Lunch der „radikal regionalen“ AckerKüche wurde angeregt weiterdiskutiert und endete schliesslich eine rundum gelungene Veranstaltung, die Finanz- und Baubranche einander näherbrachte. Ein Fundament, auf dem sich im Sinne der Nachhaltigkeit weiter aufbauen lässt.

 

Veranstaltung „Finance meets Real Estate“
im Zentrum für Zirkuläres Bauen


Co-Veranstalter:
Liechtensteiner Bankenverband
Swiss Sustainable Finance